Mein Vater, Manfred Meyer, wurde am 30. September 1939 in Steinakirchen am Forst, in Niederösterreich geboren. Es war Krieg. Seine Mutter Anna kümmerte sich alleine um ihn und um seine zwei Jahre ältere Schwester Traude. Sein Vater Fritz war als Soldat im Einsatz, Manfred sollte ihn nicht kennenlernen ehe er ins Volksschulalter kam.
Eine innige Liebe hatte ihn zeitlebens mit seiner Mutter verbunden. Die einerseits die immense Leistung aufbrachte, sich alleine um zwei kleine Kinder zu kümmern, und andererseits noch genug Energie hatte, in dieser schweren Zeit die beiden Kleinen alle Wärme und Liebe einer Mutter tagtäglich fühlen zu lassen.
Sobald mein Vater das Leben bewusst wahrnahm, nahm er auch die gesamte Härte wahr, die das Leben uns manchmal zeigen kann. Er verbrachte die Volksschulzeit in Mariazell, wo seine Schwester und er regelmäßig um Almosen bitten mussten um sicherzustellen, dass Abends etwas zu essen auf den Tisch kam.
In der Nachkriegszeit, als die Familie wieder zusammenkam, verschlug es sie in die Hauptstadt, nach Wien. Hier besuchte Manfred die Hauptschule. Zu jener Zeit verdiente er sich bereits als Balljunge am Tennisplatz seine ersten Groschen, die er dem elterlichen Haushalt zusteuerte – Nicht ohne nebenher in der Schule mit Bestleistungen zu glänzen.
Als die Schulpflicht getan war, begann mein Vater eine Lehre im Maschinenbau bei Austrolux. In dieser Zeit lernte ein junger Mensch nicht das, was ihn interessierte – man nahm die Lehrstelle an, die man bekommen konnte. Manfred wurde bald darauf zu einem der jüngsten Werkmeister seiner Zunft.
Schon damals stellte sich heraus, dass er nie ein Mann war, der mit dem Strom schwamm. Er verdiente sich Achtung und Respekt durch außergewöhnliche Leistung und Disziplin – Nicht durch JA – sagen.
Im Alter von nur 18 Jahren heiratete Manfred seine Jugendliebe Christa Herzog.
Seine „Sturm und Drang“ – Zeit hatte gerade erst begonnen und würde noch lange nicht enden. Eigentlich nie. Deshalb war seine erste Ehe keine einfache Partnerschaft gewesen – obschon eine leidenschaftliche. In späteren Zeiten würde Manfred noch oft mit leisem Bedauern auf manche Aktionen zurückblicken, die er in dieser Zeit lieferte. Nie aber hatte er die Liebe verleugnet, die ihn mit Christa verbunden hatte. Aus dieser Liebe waren Manfreds Söhne Manfred Junior, und Michael hervorgegangen.
Noch als sehr junger Mann hatte mein Vater in seinem Beruf so ziemlich alles erreicht, was man erreichen konnte. Er würde die Karriereleiter nur noch durch Dienstjahre emporklettern können. Ab einem gewissen Punkt wurden die wichtigen Positionen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit vergeben – Nicht nach Leistung und Kompetenz. Somit wechselte Manfred die Branche.
Die Arbeit als Saison-Kellner bediente sein starkes Bedürfnis nach Freiheit, Eigenständigkeit und Ungebundenheit. Mit Fleiß konnte man auch gutes Geld machen. So begann Manfred einzutauchen in die Gastronomie. Im Winter in Kitzbühel im Sommer am Wörthersee.
Kennt man den Charakter meines Vaters, war damit schon festgelegt, wohin sein beruflicher Weg nun führen würde. In den 80er Jahren führte er zwei florierende Restaurants in Wien. Er war zu dieser Zeit bereits etwas, was man heutzutage als IN-, oder -Szene-Wirt bezeichnet.
In den 80ern passierte es auch, dass Manfred sich in die 22 Jahre jüngere Liane Lechner verliebte. Sie würde sein Lebensmensch werden, - und sein Schicksalsmensch.
1985 wurde ich geboren, Frucht dieser Verbindung – Manfreds jüngster Sohn: Marc-Phillip.
Mein Vater wollte mir eine unbeschwerte Kindheit am Lande schenken. Somit verkaufte er Anfang der 90er seine beiden Unternehmen und wurde Wirt in einem Dorf – Lockenhaus. Ein Dorf-Wirt der polarisierte – Das blieb er bis zum letzten Tag.
Mit dem Beginn des neuen Jahrtausends entriss das Schicksal meinem Vater seine weitaus jüngere geliebte Ehefrau. Autounfall. Mein Vater hatte den leer gewordenen Platz an seiner Seite, und in seinem Bett, nie wieder an jemand anderes vergeben können, zuviel hatte sie ihm bedeutet. Eine Ehe, die, für ihn, auch der Tod nicht scheiden konnte.
Fortan nahm Manfred nur noch zwei Rollen an, auf unsrer Weltenbühne – Die des Vaters, die des Wirts.
So habe ich mit ihm die letzten 20 Jahre erlebt – Er konnte nicht abnabeln – Es hat ihn definiert – Mein Papa zu sein.
Und es hat ihn definiert Wirt zu sein. Mein Vater ging spätest-möglich in Pension, irgendeine Klausel unserer Gesetzgebung ermöglichte es ihm, so seine Gewerbeberechtigung zu behalten und sein Lokal über die Pensionierung hinaus weiterzuführen. Dies tat er bis zum letzten Tag seines Lebens. Das war er.
Manfred Meyer starb am 5. Feber 2019, im 80sten Lebensjahr. Fröhlich, guter Dinge und mit einem rosigen Gesicht. Mein Vater starb durch einen Riss in der Hauptschlagader. So zu sterben ist, als würde man einen Schalter auf „OFF“ stellen.
In diesen Tagen war er fürwahr im Krankenhaus gelegen. Aufgrund eines Unfalls - einer Kopfverletzung. Dies diente, ich wage mich weit vor in der Interpretation des Schicksals…
Dies diente dem Abschied-Nehmen. Alle seine Freunde und Stammgäste waren bei ihm - im Gedanken, mit den Herzen. Seine Familie – seine Söhne waren mit ihm in einer Harmonie und in Liebe verbunden, die ihresgleichen sucht.
Von der Kopfverletzung hatte er sich blendend erholt. Aber da, im Spital, fühlte er sich alt. Er vermisste seine Kraft. Mein Vater war sein Leben lang sein eigener Herr gewesen, so würde er leben – Anders nicht. Und so stellte er - nachdem alles bereinigt war – nachdem er um die Liebe seiner Söhne wusste, und die Nähe seiner Freunde – seinen Schalter auf „OFF“.
Wir werden ihn immer lieben und niemals vergessen!
In meinem Namen und im Namen meiner Brüder Manfred und Michael.
Marc-Phillip Meyer
Stolzer Sohn